Seit 72 Jahren gemeinsam in den Bergen unterwegs

Bergfreunde und Skifahrer TSV Velden blicken auf bewegte Geschichte zurück

In einer langen Nacht im Frühjahr 1951 gründeten zwölf bergnarrische Veldener den Stammtisch der Bergfreunde und Skifahrer. Im Lauf der  Jahre wuchs daraus eine der stärksten Sparten im TSV Velden mit über 400 Mitgliedern, die nicht nur im Gemeindeleben, sondern auch bei den Skiclubs im Landkreis einen festen Sitz hat. 72 Jahre Bergfreunde sind gleichbedeutend mit 72 Jahren Naturerlebnissen, Freundschaften, sportlichen Wettkämpfen und geselligen Veranstaltungen. Das ein Bergsportverein auf dem flachen Land seit 72 Jahren besteht, ist durchaus eine herausragende Begebenheit und Grund genug um einen Rückblick auf die bewegte Vereinsgeschichte zu halten.

Die Gründung

Eine Fahrt in die Berge verlangte in den Nachkriegsjahren weitaus mehr Idealismus und Ausdauer als heute. Nicht selten wurde der Ausflug mit dem Fahrrad und Rucksack auf dem Buckel unternommen. Um ihrem ausgefallenen Hobby in der Gemeinschaft nachgehen zu können versammelten sich im Frühjahr 1951 im Cafe Angstl, dem heutigen Gasthaus Dirrigl zwölf bergbegeisterte Veldener und gründeten den Stammtisch der Bergfreunde und Skifahrer. Zum Vorsitzenden der geselligen Runde wurde der Polizeibeamte Franz Pröbst bestimmt, der damals bereits auf einige Erfahrung im Klettern und Skifahren zurückblicken konnte. Zu den Gründern zählten: die Herbergswirtin Anna Angstl, Gretel und Willi Götz, Xaver Holzner, Carl und Ernst Härtlmayr, Ludwig Langmeier, Josef Maurer, Hermann und Ernst Rusch sowie Ernst Thaler. Der Stammtisch hatte es sich von Beginn an auf die Fahnen geschrieben, nicht nur den Berg- und Skisport, sondern auch das gesellige Leben in Velden zu fördern und die Jugend in das Vereinsgeschehen einzubinden. Die Gründerjahre waren geprägt vom Wiederaufbau und nur wenigen war es vorbehalten, ihre Freizeit in den Bergen zu verbringen. Mit den beiden Skifabriken Pfäffl und Waxenberger, die seit Anfang der 1920er in Velden Ski produzierten, waren die Veldener in skifahrerischer Sicht sozusagen vorbelastet und so wurden an den Hängen rund um Velden bereits Spuren in den Schnee gezogen, als man anderenorts noch nicht mal an das Skifahrern dachte. Zu Beginn standen Bergfahrten im Sommer im Vordergrund der Aktivitäten. Mit der ersten Veldener Skimeisterschaft 1954 nahm auch der Skisport seinen allgemeinen Aufschwung.

Festschrift zur Gründung 1951
Gemeinsames Eintreten der Skipiste für vergleichbare Pistenverhältnisse.
Spektakuläre Skijöringbewerbe mit waghalsigen Manövern auf der Rennwiese.

Die Skipioniere

Anfang der 1950er Jahre erfolgten erste Fahrten mit den Autos von Josef Hölzl und Ernst Härtlmayr in die Berchtesgadener Alpen zum Stahlhaus, der späteren zweiten Heimat der Veldener. Mit Seehundfellen an den Skiern stiegen sie damals zur Hütte auf, denn Lifte gab es damals noch nicht. 1954 wurde die erste Skimeisterschaft, bestehend aus Slalom, Riesenslalom und Abfahrt ausgetragen. Pistenraupen waren damals noch Zukunftsvision und so galt es am Morgen, zuerst den Hang mit den Ski einzutreten, um halbwegs faire Bedingungen zu schaffen (Bild links oben). Als Torstangen dienten rot und blau bemalte Besenstiele aus der Fabrik von Valentin Pfäffl. Auch bei der Zeitmessung war man auf einfache Mittel angewiesen. So gab der Starter ein Fahnensignal, auf das der Zeitnehmer im Ziel die Stoppuhr auslöste. Ein weiterer Höhepunkt in den Gründungsjahren waren die Skisprungmeisterschaften am Wasserreserveberg. Verwegene Springer stürzten sich von selbstgebauten Schanzen und rangen um die besten Weiten. 1952 ging Ludwig Langmeier, vor Severin Behr, Jakob Langmeier, Josef Nitzl, Konrad Straßer und Max Nitzl als Veldener Meister hervor. 69 Jahre wurde die Ski-Meisterschaft mit nur einer Unterbrechung ausgetragen, 1978 erstmals mit weiblicher Beteiligung. 30 verschiedene Rennläufer trugen sich in die Siegerliste ein, darunter konnte Meli Aberger achtzehn Mal, Franz Kinnigkeit zehn Mal und Josef Reiter acht Mal den Wanderpokal mit nachhause nehmen. Weitere acht Mal konnte sich zwischenzeitlich Passi Schreiber den Wanderpokal sichern. Ende der 1960er fanden auf der ehemaligen Rennwiese hinter der Tankstelle Hingerl spektakuläre Skijöringbewerbe statt. Gezogen von erstklassigen Galoppern rauschten die Veldener Skiasse über die Pisten und begeisterten die Zuschauer mit waghalsigen Fahrmanövern (Bild links unten). Als Sieger gingen 1960 und 1961 Josef Hübl, gezogen von Nick Jünger auf Zhindarella hervor. Bereits 1951 weihte Franz Pröbst die Veldener Jugend am Wasserreserveberg in die Geheimnisse des Skifahrens ein. Als Höchstschwierigkeit galt damals das „Kristl“ als Stoppschwung am Ende einer waghalsigen Schussfahrt. 1976 legte Manfred Schellner die Ausbildung zum Übungsleiter beim Deutschen Skiverband ab und hielt folglich mit 44 Skischülern in Ruhpolding den ersten Skikurs. In den vergangenen 42 Jahren wurden  insgesamt 3455 Ski- und Snowboardschüler von 108 Übungsleitern unterrichtet. Heute kann Lehrteamleiter Josef Lurz ein gut ausgebildetes Team von 18 Übungsleitern mit FIS-Lizenz und 20 Vereinsübungsleitern aufweisen. Mit Meli Aberger haben die Bergfreunde eine Ausbilderin des Skiverbandes Bayerwald, mit Passi Schreiber einen DSV Skilehrer und mit Sepp Lurz einen DSV-Skitourenführer in ihren Reihen. Zwischenzeitlich war man sogar im Besitz der Lizenz DSV-Skischule.

Erste Bergfahrten

Schon 1951 wurde die erste große Bergfahrt ins Ötztal unternommen. Mit einem Hanfseil als Sicherung um den Bauch gebunden bestieg eine Gruppe die Ötztaler Wildspitz, die Finalspitz und den Similaun. Auch klassischen Klettertouren im Wilden Kaiser oder in der Watzmann Ostwand wurden durch Franz Pröbst und Josef Hölzl unternommen. Herausragend war 1955 die Erstbesteigung der Plankensteinnadel in den Tegernseer Bergen durch Ernst Rusch. Die sechseinhalbstündige Begehung im 6. Schwierigkeitsgrad galt damals als eine der schwierigsten Routen in den Alpen. In den vergangenen Jahren wurden zahlreiche Gipfel in den Alpen, im Himalaya und in den Kordilleren Südamerikas bestiegen. Die Marmolada, das Matterhorn, der Großvenediger, die Klettersteige der Brenta und der Monte Blance, um nur wenigen zu nennen. Herausragend ist die Leistung des Höhenbergsteigers Josef Lurz 2004 mit der Besteigung des 8035 Meter hohen Gasherbrum 2 im Himalaya. Gleichermaßen beliebt sind heute die Bambini-Bergtouren, die Bergmesse und Familientouren in den Chiemgauer Alpen.

1955 gelang Ernst Rusch die hochalpine Erstbesteigung der Plankensteinnadel in den Tegernseer Alpen

Geselligkeit und Veranstaltungen

Ein Blick in die Vereinschronik zeigt, dass gesellige Veranstaltungen den gleichen Stellenwert wie sportliche Unternehmungen besitzen. Eine feste Größe im Veranstaltungskalender ist der Hüttenabend auf der Dirrigl-Alm – heute im Sudhaus – der sich als einer der wenigen Faschingsveranstaltungen damals wie heute toller Besucherzahlen erfreut. Ob eine Pferdekutschenfahrt, eine Bootsfahrt auf der Donau, der Stand am Christkindlmarkt, das Weinfest oder der Saisonabschluss – es gibt immer einen Grund zu feiern. Von Anfang besteht am ersten Donnerstag im Monat der Stammtischtreff als Dreh- und Angelpunkt aller Aktivitäten. Einen besonderen Stellenwert besitzt auch der Marktlauf. In 34 Jahren gingen über 5.000 Läufer über die Ziellinie vor dem Möbelhaus Schuster.

 

Die Vorsitzenden

Als Mann der ersten Stunde stand der unvergessene Franz Pröbst über 17 Jahre als Vorsitzender zur Verfügung. Nach seinem Wegzug übernahm Günther Weindl 1968 die Geschicke des Vereins und machte 1976 mit dem Beitritt zum TSV Velden den entscheidenden Schritt in die Zukunft. Die Skischule wurde aufgebaut und die Jugendarbeit stetig forciert. Nach 15-jähriger Amtszeit übernahm 1983 Luise Kasseckert die Leitung und führte die Abteilung immer mehr in die Richtung zum Familiensport. Mit Franz Kinnigkeit folgte 1991 der zehnmalige Veldener Skimeister als vierter Spartenleiter. „Kine“ Franz gab seinen Posten nach sechsjähriger Amtszeit an „Franz den Dritten“ Heckel weiter, der die Sparte zwei Jahre führte bis 1999 Petra Höfelschweiger das Zepter übernahm und erfolgreich ins 50. Jubiläumsjahr führte. Von 2007 bis 2017 steht der international erfolgreiche Expeditionsbergsteiger und Skischulleiter Josef Lurz als Spartenleiter im Amt. Mit Evi Zehetbauer und Mike Schneider werden die Bergfreunde seit 2017 erstmals von einer Doppelspitze geleitet.

 

In kürzerer Form, als mit dem Schlusswort der Festschrift zum 50-jährigen Bestehen, lässt sich die Philosphie der Veldener Bergfreunde kaum widergeben: „Ob in Velden, oder auf der ganzen Welt: Die Freude an der Natur, die Geselligkeit und die Faszination an der Bergwelt verbindet wohl alle Bergsteiger und Skifahrer im besonderen Maße miteinander und ist ein sicherer Grundstock für eine erfolgreiche Zukunft.“

Text: Stefan Schütze

Zu einem weiteren Teil unserer Geschichte geht’s es hier!